Zusammenarbeit zur besseren Recyclingfähigkeit von Verpackungen zeigt Erfolge bei Deinking-Versuchen
Von den Milliarden Tonnen weltweit produzierter Kunststoffe werden nur etwa 9 Prozent recycelt und etwa 12 Prozent landen auf Mülldeponien. Der Rest kann in die Umwelt gelangen, Ozeane sowie Flüsse verschmutzen und sich in Mikroplastik auflösen, das für die menschliche Gesundheit gefährlich ist. Es gibt einen eindeutigen und dringenden Bedarf, die Recyclingverfahren zu verbessern und dafür zu sorgen, dass mehr Verpackungen in den Recyclingstrom gelangen. Das „Deinken“ von Verpackungen vor dem Regranulieren verhindert, dass Druckfarben die zu recycelnden Materialien verunreinigen und sorgt dafür, dass die Verpackungen im Recyclingstrom verbleiben.
Die Partner der Initiative sind sich der Tatsache bewusst, dass nur eine branchenübergreifende Zusammenarbeit Fortschritte erzielen kann. Wildplastic ist ein 2019 gegründetes deutsches Start-up-Unternehmen mit dem Ziel, die Umwelt von Plastikmüll zu befreien. In Zusammenarbeit mit Sammlergemeinschaften arbeitet das Start-up weltweit daran, „wildes“ Plastik von Stränden, Mülldeponien und illegalen Müllhalden zu sammeln. Im Frühjahr 2019 begann Wildplastic mit dem Verkauf der ersten Mülltüte, die zu 100 Prozent aus recyceltem Kunststoff besteht. Derzeit konzentriert sich das Unternehmen auf die Gewinnung von Polyethylen niedriger Dichte (LDPE), wie zum Beispiel Luftpolsterfolie oder bestimmte Lebensmittelverpackungen. LDPE kann noch nicht in großem Umfang recycelt werden, so dass der Anreiz zur Sammlung auf dem Markt noch begrenzt ist. Wildplastic möchte das ändern, indem es die Nachfrage nach dem Material erhöht und das Potenzial des LDPE-Recyclings nach dem Gebrauch („Post Consumer“) aufzeigt. Nach der Sammlung wird der Kunststoff zu einem Recyclingpartner transportiert, der ihn wäscht, schmilzt und zu Granulat verarbeitet. Dieses Recyclatgranulat wird dann an einen Produktionspartner weitergeleitet und als Ersatz für neues LDPE-Material verwendet. Das Material wird dann wiederum zur Herstellung von Müllsäcken und Postsäcken verwendet. Ein breiteres Spektrum an Anwendungen wäre möglich, wenn die Materialien zuvor erfolgreich von Druckfarben befreit werden könnten.
Im Jahr 2021 starteten Wildplastic und das Institut für Circular Resource Engineering und Management (CREM) der TU-Hamburg ein kooperatives Forschungs- und Entwicklungsprojekt, um zu untersuchen, inwieweit die Qualität von LDPE-Recyclaten aus Post-Consumer-Quellen verbessert werden kann. Evonik unterstützt dieses Projekt als Kooperationspartner. Das Projekt wird von der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB) finanziert.
„Vor etwa einem Jahr begannen wir zusammen mit Wildplastic, das Deinking von Post-Consumer-Kunststoffabfällen zu erforschen. Als technische Universität ist es für uns wichtig, relevante Forschung für reale Probleme zu betreiben. Aus unserem Projekt haben wir gelernt, dass eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft nur dann funktioniert, wenn alle beteiligten Akteur*innen motiviert mitarbeiten. Als Druckfarbenhersteller kann Siegwerk in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen, da es die Herstellerperspektive in die Lösungsfindung von Anfang an miteinbringt“, so Jinyang Guo vom Institut für Circular Resource Engineering and Management (CREM) der TU Hamburg während eines Auftakt-Meetings der Partner im November 2022.
Siegwerk unterstützt Wildplastic bei dieser Initiative, indem es die Deinking-Chemie und das Fachwissen zur Herstellung von sauberen Rezyklaten bereitstellt. Für ein erfolgreiches Deinking muss eine präzise Kombination aus der richtigen Druckfarbenchemie, dem richtigen Deinking-Reinigungsmittel und dem richtigen Verfahren angewendet werden. Druckfarben auf Verpackungen sind oft ein Hindernis für das Recycling, da sie sich während des Recyclingprozesses abbauen und die Rezyklate verunreinigen können. Dies führt zu unangenehmen Gerüchen oder unansehnlichen Farben. Selbst wenn die Druckfarben nicht vollständig entfernt werden, erhöhen sich die Möglichkeiten des Recyclings durch den Deinking-Prozess exponentiell.
„Wir freuen uns, mit unseren Partnern von Wildplastic und der Technischen Universität Hamburg an diesem Thema zu arbeiten. Uns verbindet die Überzeugung, dass wir alles schaffen können. Die wissenschaftliche Perspektive und die Sorgfalt, die Jinyang einbringt, helfen uns, eine faktenbasierte und objektive Sichtweise zu bewahren. Das gilt nicht nur für das Versuchsdesign, sondern auch für die Interpretation der Ergebnisse. Wildplastic hat den Ehrgeiz, schon in wenigen Monaten vom Deinking bei seinen Recyclingaktivitäten zu profitieren und bringt eine industrielle Perspektive ein“, erklärt Ingo Fehr, Senior Project Manager bei Siegwerk.
„Wir haben die Zusammenarbeit mit Jinyang und der Universität vor etwa einem Jahr begonnen, da wir großes Interesse hatten, eine Lösung für die spezifischen Anforderungen an die Reinigung von sehr anspruchsvollen Post-Consumer-Kunststofffolien in einem Chargenbetrieb im kleinen Maßstab zu finden. Vom ersten Tag an haben wir sehr offen, lösungsorientiert und mit einer gemeinsamen Leidenschaft zusammengearbeitet. Es müssen nur die richtigen Leute zusammenkommen. Daher freuen wir uns sehr, dass wir unsere Ergebnisse mit dem Team von Siegwerk teilen und unsere Zusammenarbeit ausbauen können“, sagt Wildplastic-Mitbegründer Dieter Gottschalk.